Montag, 12. März 2018

Zurück im Regen. Eindeutig zu viel Wasser.

Donnerstag, 08.03.2018

11. Wandertag
Villanueva de Algaidas nach Rute
8h / 31km
742m hoch / 688m runter

Die Nacht über hat es wieder geregnet und ich muß am Morgen erstmal eine kleine Überflutung eindämmen, die sich langsam den Weg von der offenen Balkontür in Richtung Bett bahnt. Wir haben uns für einen frühen Start verabredet und stehen um 09:00 voll aufgetakelt auf der Straße und blinzeln immer noch in den Regen. Nach dem schönen Sonnentag gestern kann ich mir ein genervtes Seufzen nicht verkneifen -- aber was hilft's.

Vorbei an irgendwelchen wichtigen Ruinen, für die wir uns heute nicht wirklich interessieren, über die uralte Brücke unten im Tal. Hier muß irgendwann in den letzten Tagen so viel Wasser im Fluß gewesen sein, daß die Brücke überspült wurde. Überall sieht man die Spuren an den frisch plattgewalzten Ufern, einige Geländerteile wurden weggerissen, auf der Brücke liegt angespülter Schutt. Auch wenn gerade Regenzeit ist -- ich kann mir nicht vorstellen, daß diese Masse an Regen in den letzten Tagen hier wirklich normal sein soll.

Hinter dem nächsten Dorf beginnen wieder die endlosen Olivenhaine. Wir lassen den Wanderweg links liegen und gehen auf der Straße runter nach Cuevas Bajas. Ist einfach weniger matschig... In einem Bushäuschen holen wir unser nicht eingenommenes Frühstück nach, Ivan hängt seine tropfende Jacke an einer Ecke auf als wäre es das eigene Wohnzimmer. Tatsächlich ist das Bushäuschen der einzig trockene Ort ringsum. Von warm kann da eher keine Rede sein.

Weiter ins nächste Dorf, der Himmel wird zwischendurch etwas freundlicher. Wir folgen einem breiten Flußtal, in dem wir von oben überschwemmte Felder und - surprise! - Olivenhaine anschauen können und sind gleichzeitig froh, daß wir da unten nicht im Matsch waten müssen. Der Tag zieht sich irgendwie, als würden die Oliven-Monokulturen die Zeit bis ins Unendliche dehnen. Und zum ersten Mal ist mir auch echt ein bißchen langweilig auf dieser Tour. Auf Schotterwegen den nächsten Hügel rauf, auf Schotterwegen den nächsten Hügel runter. Links unverändert Oliven, rechts unverändert Oliven. Hrmpf. Aber vielleicht ist es auch nur das unleidliche Wetter, das mich zum Quengeln bringt.

Einziger kleiner Höhepunkt ist eine alte Noria unten am Fluß, eine alte Bewässerungsanlage- Während wir die Mauern und das Wasserrad beäugen, kommt kurz die Sonne raus.

In Cuevas de San Marcos werfen wir unsere Rucksäcke erstmal in der erstbesten Bar ab, die am Nachmittag knackevoll ist. Was für ein Gewusel, als ich zum Getränke holen hineingehe! Junge Männer in Arbeitsklamotten, alte schick zurechtgemachte Damen gestützt von ihren Töchtern, lärmende Rentner, Jäger. Wir trinken auf der überdachten Terrasse Tee und kaltes Bier.

Fenja und Ivan entscheiden sich, die restlichen Stunden der Tour zu skippen und nach Rute zu trampen. Die monotonen Schotterwege und Asphaltpisten vertragen sich nicht allzugut mit Fenjas Füßen, morgen wartet der nächste große Tag auf uns. Wahrscheinlich vernünftig, sich den Rest des Tages zu schenken und statt dessen fit für morgen zu sein.

Zum ersten Mal auf dieser Tour stecke ich mir Musik in die Ohren und ziehe durch die Straßen von Cuevas de San Marcos hinauf in Richtung des (relativ leeren) Stausees, der hinter den nächsten Hügeln liegt. Ja, es regnet wieder. Oben auf der Staumauer führt mich ein kleiner Fußgängerweg erstmal in die falsche weil entgegengesetzte Richtung und dann vor  die nächste Enttäuschung: der ausgedachte Weg um den nächsten Berg herum ist mit Mauern, Zäunen und Toren abgesperrt.


Auf dem Weg raus aus dem Tal merke ich vor lauter Musikhören und Regen zuerst überhaupt nicht, als auf der Betonpiste neben mir ein Auto anhält und anbietet, mich mitzunehmen. Ich lehne freundlich ab, der Fahrer will mir nicht ganz glauben und fragt noch 2x nach. Eine halbe Stunde später sehe ich sein Auto an einer Scheune stehen, die in einem gottverlassenen Tal weiß zwischen den Oliven hervorleuchtet. Er ist wohl hier hochgefahren, um die beiden Hunde zu füttern, die die Scheune vorwemauchimmer bewachen sollen.

Kurz darauf überholt mich das Auto nochmal, bietet nochmal an, mich nach Rute mitzunehmen. Mitten im strömenden Regen ist es extrahart, das Angebot auszuschlagen, aber ich bin sowieso schon naß und vor mir liegt auch nur noch eine knappe Stunde Weg. Offenbar bringt es der Olivenbauer nicht übers Herz, mich ziehen zu lassen, ohne mir wenigstens ETWAS Gutes zu tun, also greift er in seine Provianttüte auf dem Beifahrersitz und schenkt mir einen von seinen Joghurts. Eine schöne Geste und ein willkommener Snack auf die Hand.

Das letzte Stück entlang der großen Landstraße, bloß nicht drüber nachdenken. Ich haue die Playliste mit den nordkoreanischen Propaganda-Songs rein und lasse mich von grandiosen Titeln wie "We Are The Masters Of The Farm", "My Country Is The Best" und "Death To The Imperialist Aggressors" zum Ziel prügeln. Den Marschtakt gibt es zu dieser seltsamen Musik ja gratis.

Im Hotel El Mirador relaxen schon Ivan und Fenja, ich drehe erstmal die Heizung hoch, werfe mich in die Badewanne und bin sehr gespannt, ob meine Klamotten bis morgen trocknen werden. Das Abendessen ist großartig, im Kamin brennt ein Feuer, das günstige Tagesmenü ist echt lecker und der Nachtisch "Mousse de Limón" ein Gedicht. Die beste Belohnung für einen harten, nassen und etwas trostlosen Tag.

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