Samstag, 12. Mai 2018

Der vorerst letzte Tag im Backofen...

Lecker. 28 Grad. Ist mir leider zuviel, auch wenn's Spanien ist.
Sonntag, 06.05.2018
31. Wandertag
Cieza nach Venta Román
5,5h / 26km 
262m hoch / 387m runter

Gestern habe ich mir einen Pausentag gegönnt, war nach der langen Etappe von vorgestern irgendwie fällig. Meine Knie schmerzen wieder leicht, so als wollten sie mich daran erinnern, es lieber langsam anzugehen... Den gestrigen Tag habe ich im Wesentlichen mit Auf-dem-Bett-liegen und Nachdenken verbracht. Ergebnis: Ich habe mich spontan dazu entschlossen, morgen wieder zurück nach Berlin zu fahren. Mir ist es einfach zu warm hier, die täglich 25 Grad und aufwärts gepaart mit der prallen Sonne machen mich irgendwie fertig. Cieza wirkt wie ein ganz praktischer Ein- und Ausstiegspunkt, es gibt eine Zugverbindung nach Madrid und im Geiste sehe ich mich hier schon im November wieder mit meinem Beutel auf dem Rücken stehen und weiterwandern. Jetzt gerade habe ich aber dermaßen viel Lust auf Frühling in Berlin, daß ich einfach meinem Bauchgefühl folge und das tue, worauf ich Lust habe: Erstmal wieder nach Hause fahren.

Vorher habe ich mir aber für heute noch ein ganz feines Stück Wanderung auf den Teller gelegt. Ein häßlicher Tag durch Obstplantagen und Industriegebiete, die Etappe endet an einer Straßenkreuzung im Nirgendwo. Hier gab es mal eine Tankstelle und ein Restaurant, bis vor ein paar Jahren eine neue Autobahn parallel gebaut wurde, die jetzt an diesem Stück der alten Nationalstraße N-344 vorbeibrettert, ohne daß es eine Ausfahrt gibt. Auf den alten Fotos auf Google Street View ist 2011 (Link) noch die Tankstelle und die Reste von Leben zu sehen, daneben das Restaurante Roman als farbige Oase in dieser Wüste aus Hitze, Staub und Pfirsichplantagen. 2015 (Link) war die Tankstelle schon geschlossen, mit einem liebevoll drumherumgezimmerten Zaun. Als ich im Frühjahr 2018 an derselben Stelle stehe, ist selbst von der Tankstelle an sich nicht mehr viel übrig, das Restaurant längst geschlossen und die ganze Szenerie erinnert an einen Western, in dem gleich die Tumbleweeds über die Straße geblasen werden.

Verfallserscheinungen...
Weil der Tag eben irgendwo im Nirgendwo enden würde, braucht es irgendeine Art von Transport von der Venta Román nach irgendwo anders hin. Ich drehe die Etappe kurzerhand einfach um und organisiere mir ein Taxi. Also starte ich heute (mit leichtem Rucksack) in Venta Román und laufe zurück nach Cieza. Irgendwie auch ein würdiger Abschied, so mit dem weitesten Punkt der vorerst letzten Etappe im Nichts zwischen Irgendwo und Nirgends, neben der Autobahn, wo die streunenden Hunde der früheren Bewohner schon mißtrauisch kläffen.

Die erste Stunde durch schattenlose Pfirsichplantagen, die vielleicht Bio sind, aber so gar nicht nach Bio aussehen. Links und rechts alles eingezäunt, kerzengerade gepflanzte Bäume - teilweise mit Netzen überspannt, damit die Vögel draußenbleiben. Das nächste Fitzelchen Schatten dürfte so ca. 2km entfernt sein.


Keine Sorge, der Arbeiter halb links im Bild hat sich nicht vor Verzweiflung den Strick genommen, sondern er repariert irgendwas in der Takelage.
Die Landschaft ist schwer durchoptimiert, an strategisch günstigen Stellen wurden kombinierte Pumpen-/Stromverteiler- und Klohäuschen platziert, durch die streng symmetrischen Reihen der Bäume kann man fast kilometerweit geradeaus sehen. Landschaft findet hier nur in der Ferne statt.

Ein Stück weiter wird es Gott sei Dank zu hügelig für effizientes Smart-Farming, also gewinnen die Mandel- und Olivenbäume wieder die Oberhand, zusammen mit alten Herren auf kleinen Traktoren, die sich im Nebenerwerb um die meist über Generationen vererbten Plantagen kümmern. Das ist im landschaftlichen Gesamtergebnis zwar auch nicht idyllisch, aber wenigstens etwas besser erträglich als die Pfirsich-Monokultur unten im Tal.

Ein letzter Blick auf den Almorchón...
Der sandige Forstweg schreitet langsam um einen Berg herum und taucht in ein Gebiet ein, das irgendwie so wirkt, als hätte man die Landwirtschaft hier irgendwann aufgegeben. Weite, offene Flächen, die so wirken, als wären sie erst kürzlich gerodet worden. Verfallene Stromverteilerhäuschen mitten in der Landschaft zeigen an, daß hier mal Strom gebraucht wurde, wahrscheinlich für die Bewässerungspumpen, die solange gepumpt haben, bis kein Wasser mehr da war. Die alten Terrassenfelder sind teilweise mit genügsamen Kiefern wiederaufgeforstet worden, aber insgesamt besticht dieses Stück Landschaft durch Leere. Viel Leere. Mit jedem Kilometer wird das Gelände noch trockener und noch sandiger, bis ich nach 2h gefühlt in der Wüste stehe. Weit im Westen winkt der Almorchón noch ein letztes Mal aus dem Dunst.
Von Osten zieht ein Gewitter heran, ich freue mich im Geiste schon darüber, daß ich von den Wolken wenigstens ein bißchen Schatten mitten in der größten Mittagshitze bekomme, aber das Wetter zieht galant hinter mir vorbei und ich brüte weiter unter der Sonne Arizonas. So fühlt es sich zumindest an. Und inzwischen sieht es auch so aus...



Zu Ruinen verfallene Gehöfte, mit denen nur noch Wind und Sonne spielen. Am Horizont glitzern immer wieder die Wasserreservoirs, mit denen die Pfirsichplantagen bewässert werden - für die restliche Landschaft bleibt da nix übrig. Ich komme an einem sehr traurigen Rest von einem Baum vorbei, der sich verzweifelt gegen den Verfall um sich herum sträubt.

Mai 2018
(Einschub: Die meisten weiter GPS-Tracks habe ich mir von einem Spanier namens Manuel gezogen, der mit Freunden 2010 den GR7 gelaufen ist und sich die Mühe gemacht hat, jeden einzelnen Track hochzuladen. Auf Wikiloc bin ich fündig geworden und sehr gut versorgt worden. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an diesen Vorauswanderer für seine wertvolle Vorarbeit! Beim abendlichen Schmökern in seinem Reisebericht (Link) bin ich dann auf das folgende Foto gestoßen, das mich fast aus den Socken gehauen hat... Dieser auf den ersten Blick halbtote Baum hält sich offensichtlich seit mindestens 8 Jahren tapfer über Wasser...
(Quelle: https://es.wikiloc.com/rutas-senderismo/gr7-42a-venta-roman-cieza-1327945/photo-433266)

November 2010 (Bild geklaut von Manuel Coronado Gil)
Traurige Slums am Ortseingang
Der Rest des Tages ist ein Trauerspiel durch Obstplantagen, die penetrant nach Schwefel riechen, durch Industriegebiete ohne nennenswerte Industrie, über Kilometer auf breiten Umgehungsstraßen ohne Gehwege, mit Autofahrern, denen es offensichtlich scheißegal ist, daß ich hier gerade gehe und nirgendwo anders hinkann. Cieza empfängt mich von seiner ärmsten Seite, der ich nach diesem Tag so gar keine Romantik abringen kann.

Oder isses Bauhaus? Keine Ahnung...
Noch einen Schuß brutalistische Funktionsarchitektur der 40er Jahre dazu, aber das ist alles schnell vorbei und vergessen. Trotz Sonntag finde ich einen kleinen chinesischen Laden, der mir eiskalte Getränke verkauft. Das Feeling ist Schmeckt eigentlich genauso wie im asiatischen Späti in Berlin, nur daß die schlecht gelaunte Dame hinter dem Tresen eben spanisch spricht. Immerhin besser als ich, bilde ich mir ein.

Zurück im Hotel freue ich mich auf meinen letzten Abend in Spanien, gehe mir Abends noch ein Stück Pizza besorgen (auf das ich heute irgendwie unverrückbar Lust hatte) und packe schonmal meinen Rucksack. Morgen früh fahre ich 4h mit dem Zug nach Madrid und fliege dann zurück nach Haus - nach Berlin.

Liebes Spanien, im November komme ich wieder...!

Donnerstag, 10. Mai 2018

Sonne. Berg. Sandkasten. Bier unter der Dusche.

Blick zurück auf Cieza.
Freitag, 04.05.2018
30. Wandertag
Calasparra nach Cieza
8,5h / 36km 
711m hoch / 856m runter

Großer Tag heute, eine lange Etappe liegt vor mir. Im Frühstücksraum sitzt schon ein älteres Ehepaar aus Dänemark und ist vertieft ins frühmorgendliche Schweigen. Als der nächste Däne mit dem landestypischen "Godmorgen!" auf den Lippen reinkommt, antworte ich reflexhaft mit einem leisen "Guten Morgen!". Hat aber Gott sei Dank niemand gehört...

Mein Hotel für die vergangenen Nächte liegt zwar irgendwie total in der Altstadt, aber von der Haustür bis zum Stadtrand laufe ich gerade mal 1 Minute, nur einmal um die Ecke biegen und schon stehe ich im Brachland. Schnell vorbei an der städtischen Kläranlage, das ist immer ein guter Start.

Zuerst sollte ich vielleicht mal den Star des heutigen Tages vorstellen: Den Almorchón. Ein solitärer Berg, den ich schon die letzten Tage über am Horizont erkennen, um den ich heute herumwandern werde und dessen Anblick aus der Ferne mich sicher auch noch die nächsten Tage begleiten wird. Bergmäßig ist das Ding auf jeden Fall das lokale Highlight, ich hätte ihn mindestens für noch mehr Aussicht gerne bestiegen, aber die Etappe ist auch so schon lang genug. Als muß angucken reichen. Here you go:



Die ersten Stunden laufe ich südlich von der Sierra de Molino entlang stur nach Osten. Um mich herum kahle Hänge, die so wirken, als wären sie halb mit Absicht / halb beim letzten Feuer kahl gelegt worden, kein Buschwerk, kaum Bäume. Dafür trockenes Land mit weiter Aussicht nach Süden und Osten.

Der erste Blick auf den Almorchón, davor ein Stausee (Embalse de Alfonso XIII.).
Das Gelände wird hügeliger und der Vormittag immer wärmer. Das Longsleeve, das ich am Morgen noch an hatte, habe ich schon nach der ersten halben Stunde gegen ein leichtes Shirt und Sonnencreme eingetauscht. Trotz einem etwas kühlenden Wind wird mir schon weit vor Mittag richtig warm in der prallen Sonne. Der Forstweg schlängelt sich höhehaltend durch viele kleine Seitentäler und bietet maximal so alle 30 Minuten mal ein paar schattige Meter zum kurzen Durchschnaufen.

Neben dem Weg schneidet ein altes Aquädukt durch die Landschaft undhält unbeirrbar auf den Stausee zu. Die trockene Landschaft zeigt Spuren von Terrassen -- ob hier früher Landwirtschaft war oder ob hier in den letzten Jahren mit EU-Geld zaghaft mit der Wiederaufforstung begonnen wurde, finde ich indes nicht heraus. Gegen die zweite Theorie spricht, daß ich nirgends ein entsprechendes "Kofinanziert durch..."-Schild sehe, das ja sonst immer unvermeidlich ist.

Der Schotterweg mündet in eine leere Asphaltstraße und hält kurze Zeit später auf einen Tunnel zu. Ich will schon stolz meine Stirnlampe aus dem Rucksack kramen, aber im Tunnel hat's sogar Licht und eigentlich ist es vollkommen ausreichend, einfach die Sonnenbrille abzusetzen. Geht nur um eine kleine Kurve, danach führt die Straße über die Staumauer, die den Stausee an einem schmalen und steilen Tal in Schach hält, und schon geht's durch den nächsten Tunnel und wieder in die Sonne.

Ui. Sogar mit rot-weißer Wanderwegmarkierung an der rechten Tunnelwand.
Wasser. Heute ein eher seltener Anblick.

Um mich herum ist alles mit Zäunen und Verbotsschildern zugepflastert, also traue ich mich nicht richtig, mir unten am See ein Mittagspausenplätzchen zu suchen, sondern laufe noch eine Stunde weiter. Inzwischen ist es brütend warm geworden, die Kiefern riechen nach Hochsommer und ich finde kurz bevor ich die Lust verliere einen perfekten Platz unter einem Baum, direkt neben dem Stamm liegt ein großer Stein zum Draufsetzen und an den Baum lehnen. Schöner Schatten. Ich packe mein Mittagspicknick aus, auf Wunsch eines einzelnen Herren hier mal eine bildliche Darstellung des heutigen Menüs (zugegeben: etwas üppiger als sonst):

(Ja, ich trage ernsthaft ein Geschirrhandtuch als "Picknickdeckchen" mit mir rum. Erhöht den Idyllenfaktor ungemein.)
Almorchón, von der harmlosen Westseite.
Eine gute Stunde mampfe/lese/döse ich mir durch die Mittagshitze, bevor ich mich wieder zum Aufbruch zwinge. Vom Rumsitzen ist noch niemand angekommen.Eine halbe Stunde später stehe ich vor dem Almorchón, vermesse ihn nochmal mit den Augen und verdränge den Gedanken, daß er hier von der Westflanke her gar nicht so schwer zu besteigen aussieht. Ein andermal, Herr Grauel. Ein andermal.

Ui. "Fuente del Obispo". "Área Recreativa". Gut, daß ich gerade schon Mittagspause gemacht habe. Wahrscheinlich wäre ich sonst bei der Aussicht auf eine Quelle schwach geworden (bzw. bei dem Gedanken daran, meinen Kopf in ein kaltes Wasserbecken zu stecken), hätte 30-40min Umweg hingelegt, um zu einer Quelle zu laufen, die wahrscheinlich gerade sowieso kein Wasser führt... Also umrunde ich weiter brav den Almorchón, der Tag wird sowieso noch lang genug. Vor mir liegen sicher noch gute 4h und den Großteil meines Wasservorrats habe ich bereits ausgetrunken.

Der Höhenzug setzt sich Kilometer um Kilometer weiter fort. Rechts hinter dem im Schatten liegenden Berg versteckt sich Cieza, das heutige Etappenziel.
Der Almorchón, diesmal die Ostseite. Sieht deutlich beeindruckender aus.
Der Weg führt für die nächsten 1,5h durch ein sandiges Trockental, ein Gewirr von kleinen Schluchten, temporären Bachläufen, wiederaufgeforsteten Kieferplantagen, zu Stein getrockneten Wegen, die vor ein paar Wochen noch aus Schlamm bestanden. Heiß, staubig, stickig. Ich peile inzwischen sehr genau, wieviele Stunden ich noch vor mir habe und wann ich wieviel Trinken kann, damit's heute bis zum Ende reicht. Das Leitungswasser aus Calasparra ist inzwschen brühwarm und schmeckt penetrant nach Chlor; Erfrischung sieht anders aus. Ich fantasiere statt dessen von einer kalten Dusche heute Abend im Hotel.


Langsam windet sich der Weg aus dieser Sandkiste wieder nach oben, auf ein kleines Plateau, wo wenigstens für's Auge wieder das etwas saftigere Grün der Mandelbäume herrscht. Kurz darauf entscheide ich mich, die nächsten Kilometer auf der Straße weiterzugehen: Der Schatten der Pinienallee ist einfach zu verlockend.


Die letzten Kilometer geht's nochmal ein paar hundert Höhenmeter rauf auf halbe Höhe des Cerro de la Atalya, dafür wird mir Cieza aus dem Silbertablett der schönen Aussicht sortiert. Inzwischen ist es später Nachmittag, mir kommen die ersten Freitags-Spaziergänger entgegen. Die Etappe endet spektakulär mit dem Blick auf das Castillo de Cieza, das über der Stadt thront. Vom Sattel unterhalb steige ich einen gut ausgebauten Spazierpfad hinab, durchstreife die kleine Gärten außerhalb der mittelalterlichen Stadtbezirke. Auf einer Hängebrücke überquere ich


Vollkommen erledigt und durchgeschwitzt vom Tag und der Sonne komme ich in der Altstadt an. Mein Deo dürfte schon vor Stunden versagt haben. Trotzdem zwinge ich mich dazu, nicht direkt zu meinem Hotel zu laufen -- ich weiß genau: Wenn ich erstmal geduscht habe und auf dem Bett liege. komme ich so schnell nicht mehr hoch. Deshalb durchforste ich vorher noch die Altstadt nach einem Laden, der mir einen Berg kalte Getränke verkauft. Meine Beute: 3 eiskalte Dosen Bier, 2 Dosen Cola und eine 2l-Flasche Eistee. Das erste Bier knacke ich kurz darauf, während ich in meinem überraschend eleganten Hotel unter der Dusche stehe. Die ultimative Belohnung. Und ich hatte recht damit, vorher noch Getränke einzukaufen: Den restlichen Abend komme ich nicht mehr aus meinem Zimmer raus, selbst das Abendessen hänge ich an den Nagel. Ein paar Reste vom Mittagessen habe ich immerhin noch im Rucksack...

Montag, 7. Mai 2018

Pausentag in Calasparra. Mit potemkinscher Festung.

Mein erstes Highlight gleich kurz nach dem Aufstehen: Ich habe Mitbewohner, allerdings sind sie irgendwie süß. Gestern Abend hatte ich ein paar Fliegen unmißverständlich dazu aufgefordert, mir nicht weiter auf den Keks zu gehen (sprich: am Fenster erschlagen) und heute früh haben die Mini-Ameisen, die in Zimmer 205 vermutlich hinter der Fußleiste wohnen, sich über die toten Fliegen hergemacht. 
Der jugendliche Forscher in mir findet das höchst interessant und irgendwie putzig.

Nach dem Frühstück verbummele ich den Vormittag gekonnt damit, Blogeinträge nachzuholen, mir die Etappen der nächsten Tage mal anzusehen, das Internet nach allerlei unnützen Dingen zu befragen, vielleicht döse ich auch nochmal ein Stündchen -- bis mich irgendwann die Lust auf Frischluft und Sonne raus auf die Straße treibt. Von meinem Fenster aus kann ich einen kleinen Hügel mit den Resten einer alten Festung sehen, da muß ich nicht lange überlegen, was ich mir in Cieza heute wohl so alles anschauen will.


Nach einem kleinen Aufstieg durch einen etwas verwilderten Park bietet sich eine schicke Aussicht über Calasparra und die gleichzeitige Einsicht, daß die Festung eher ein Scam ist. Einige sehr wenige Mauerreste wurden großzügig mit modernem Beton überkleistert und ausgebaut, damit es überhaupt noch nach was aussieht. Wenn man ehrlich ist und sich das Ding mal aus der Nähe betrachtet, wäre von der Festung eigentlich nicht wirklich viel zu sehen; mich beschleicht eher das Gefühl, daß die ganzen Betonmauern mit Absicht hochgezogen wurden, um eine Ahnung davon zu erzeugen, wie das Ganze wohl mal ausgesehen haben könnte. Und damit auch Calasparra eine Festung vorweisen kann. Der kulissenhafte Eindruck wird noch verstärkt durch die halbfertigen (oder schon wieder halbverfallenen) Wege hier oben, die so wirken, als wäre der Gemeinde auf halbem Wege das Geld ausgegangen. Vielleicht ist es aber auch genau das...


Mon repos...?
Auf dem Nachbarhügel findet sich ein erst vor ein paar Jahren angelegtes Gelände mit einem kleinen Amphitheater, Veranstaltungsgebäude und Gärten und Wegen zum Lustwandeln, alles leer, verlassen und leicht verwahrlost. Als hätte man 2009 zu Beginn der Immobilienkrise noch schnell das restliche Geld verbaut, damit man sich darüber keine Gedanken mehr machen muß. Aber vielleicht ist das auch ungerecht, ich weiß es nicht. So oder so ist Calasparra bleibt wohltuende Abwechslung von den teils öden Dörfern und Kleinstädten der letzten Tage, diese Stadt fühlt sich wenigstens nach Leben an.

Morgen geht es weiter nach Osten, von der Aussichtsplattform auf dem Hügel kann ich schonmal die Bergkette  besichtigen, der ich morgen so gut wie den ganzen Tal folgen werde.