5. Wandertag
Villaluenga del Rosario nach Montejacque
5,5h / 19km
525m hoch / 680 runter
Das Trommeln des Regens auf die Dächer weckt mich schon früh. Obwohl ich es besser wissen müsste, verbringe ich den Morgen mit sorgenvollen Blicken auf die Wettervorhersage und/oder aus dem Fenster gen Himmel. Naja, nützt alles nix. Gegen 09:00 gehe ich runter zum Frühstück, in der Bar ist es muckelig warm und ich versuche meinen Abmarsch noch ein wenig hinauszuzögern. Davon hört der Regen auch nicht auf.
Also trete ich hinaus in die Dusche, lasse mich vom Wind peitschen, der das Tal entlang pfeift und bin ein bißchen empört. Ok, die Ecke soll wohl eine der nassesten Gegenden Spaniens sein, aber doch bitte nicht genau dann, wenn ich hier Urlaub mache.
Nachem ich eine halbe Stunde die gegenüberliegende Talseite hochgestiegen bin, fällt mir erstmal wieder ein, daß ich mich ja an die Panaderia erinnern wollte, um mir vielleicht einen schönen Snack für den Weg zu kaufen. Natürlich vergessen. Zum Trost legt sich der Regen plötzlich wieder und her der nächsten Kuppe betrete ich gefühlt eine andere Welt. Hinter mir das Dorf und die Straße, vor mir ein weites leeres Hochtal mit ein paar Schafen und Schweinen.
Der Weg führt steil hoch über die nächste Bergkette, hinter dem Paß stehe ich in einem Gewirr aus Steinen und Eichen und es fühlt sich endgültig an wie irgendwo hinter dem Mond. Keine Ahnung, wieviele Kilometer weit der nächste Mensch wohl weg sein mag.
Ich steige ab in das nächste Tal, der Matsch klebt schwer unter meinen Stiefeln und ich bin extra vorsichtig, daß ich nicht auf den nassen Steinen einen Abflug hinlege. Hier ist schon etwas mehr los, am Ende des Tales liegt ein einsamer Bauernhof mit rauchendem Schornstein, ganz hinten fährt ein Jeep durch den Schlamm. Der Wind pfeift weiter und es fühlt sich an, als wäre ich irgendwo in Norwegen ganz weit oben im Fjell unterwegs.
Eine Stunde später tauche ich beim Abstieg wieder in die Eichenwälder ein, uralte groteske Bäume stehen auf den Schafsweiden. Für einen Moment kommt die Sonne raus und wirft ein absurdes Licht auf die Landschaft. Sofort wage ich eine kleine Pause und setze mich auf den nächsten Stein, aber gemütlich ist anders und ich halte es nicht lange aus, bis mir kalt wird. Es wird vielleicht um die 8° haben, aber der Wind hat mich den ganzen Tag fest im Visier.
Irgendwann höre ich den Motorgeräusche rumoren, ein alter Bauer zieht langsam mit einem noch älteren Traktor seine Bahnen unter den Bäumen, die Rinder trotten alle entspannt hinterher. Danach plötzlich Landwirtschaft im Hochtal, sattes Grün. Ich frage mich, was das für eine unglaubliche Anstrengung gewesen sein muß, diese Felder von Steinen zu befreien (die Haufen mit den abgekippten Steinen sind überall im Tal verteilt) und seit wievielen Generationen diese Felder wohl schon bestellt werden. Der dazugehörige Bauernhof hat keinen Strom und versorgt sich statt dessen mit Solarenergie und Brennholz.
Hinter dem nächsten Paß beginnt der Abstieg nach Montejacque, die Landschaft ändert sich abrupt in eine karge Karstlandschaft ("El Karst"), die eher nach Westernkulisse aussieht. An den Felsen ducken sich aus Steinen, Wellblech und Zäunen zusammengezimmerte Verschläge, bewacht von aufgeregt kläffenden Hunden. Je näher ich Montejacque komme, umso mehr von diesen Hühnerställen, Gärten oder vielleicht auch kleinen Fluchtpunkten säumen den Weg.
Ich bewohne heute Abend alleine ein großes kaltes Hotel, meine Vermieterin kommt nur kurz mit dem Auto angebraust und übergibt mir den Schlüssel. Nachdem ich mich trockengelegt und aufgewärmt habe, möchte ich in die Bar nebenan auf einen Snack gehen -- sie hat pünktlich um 16:00 zugemacht und wird das für heute auch bleiben.
Später schlendere ich noch etwas durch den Ort, laufe aus Versehen fast an einer Panaderia vorbei, die sich in einem Hausflur eingerichtet hat. Ich kaufe ein paar süße Teilchen, im Kühlschrank gibt es außerdem das gute Cruzcampo in der reisefreundlichen 1,1 Liter-Glasflasche. Her damit, mein Abend ist gerettet.
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