Donnerstag, 15.03.2018
17. Wandertag
Carchelejo nach Cambil
3,5h / 13km
442m hoch / 442m runter
Carchelejo nach Cambil
3,5h / 13km
442m hoch / 442m runter
Frühstück. Die von mir persönlich wahrscheinlich am meisten unterschätzte Mahlzeit des Tages. Nach ausgiebigem Ausschlafen sitze ich um 10:30 Uhr vor einem Festmahl, denn es gibt ein englisches "Hot Breakfast" mit Bohnen, Bacon, Eiern, Wurst, Orangenmarmelade, Toast, Müsli undundund. Was für eine herrliche Abwechslung.
Beim Weg raus aus dem Dorf schaffe ich es erstmal, konsequent in die falsche Richtung zu laufen. Also erstmal sinnlos bergauf, um dann gleich wieder bergab zu gehen. Und DAS pfeift! Was meine Knie angeht, bin ich ja heute früh noch ganz gut die Treppe runtergekommen, aber jetzt - wieder mit vollem Rucksack auf dem Rücken - sieht die Sache nicht mehr ganz so rosig aus. Die erste Stunde Wandern verbringe ich also heute mit sehr gemächlichem Bergab-Gehen, während ich flach durch den Mund atme und die Schmerzen wegdrücke. Als Belohnung für die Übung gibt es ein sanftes Tal, schöne Wege am Hang entlang und die entspannte Aussicht auf einen kurzen Tag: Bißchen talabwärts, unter der Autobahnbrücke durch, im nächsten Tal wieder hoch, fertig. Schön übersichtlich.
Vor lauter Landschaft verpasse ich fast die Abzweigung, als der Weg sich dazu entscheidet, sich nicht länger am Hang entlang zu schlängeln, sondern die Talsohle zu durchqueren. Wieder einer der Momente, die ich wahrscheinlich mit Wanderkarte übersehen oder verpennt hätte. Damit meine ich: Je länger ich unterwegs bin, umso mehr weiß ich den neumodischen Schnickschnack namens GPS zu schätzen. Ich bin - ja, ich gestehe es: ein Konvertit.
Das Tal spuckt mich unten auf der alten Nationalstraße aus, die jetzt leicht vernachlässigt und traurig wirkt, weil direkt daneben die neue Autobahn durch das schmale Tal gezimmert wurde. Der erste Regenschauer des Tages erwischt mich -- und ist ziemlich genau dann wieder vorbei, als ich meine Jacke angezogen und die Regenhülle auf den Rucksack gefummelt habe. Statt dessen: Sonnenschein. Sofort mache ich mich auf die Sache nach einem schönen Platz für eine kleine Rast, aber ich bin zu wählerisch. Erst nach einem guten Kilometer finde ich ein schickes Fleckchen Grün zum Hinsetzen, pflanze mich aber mitten in eine Ameisenstraße und laufe doch lieber weiter.
Auf der Karte sahen die nächsten Kilometer durch das kleine Tal ganz nett und entspannt aus. Nett sind sie ja, aber auch furchtbar kompliziert. Der deutliche Forstweg wird bald zu einer Traktorspur und verliert sich endgültig irgendwo zwischen den Olivenbäumen, der in der Karte eingezeichnete Weg und der heruntergeladene GPX-Track schlagen als Alternative höchst abenteuerliche Bögen irgendwo im Gebüsch oben am Hang. Ganz der brave Tourist versuche ich, halb kraxelnd den vorgesehenen Weg wiederzufinden, aber das ist irgendwie Murks. Dabei finde ich schon wieder die Fußabdrücke meines "Vorauswanderers", der offensichtlich ebenfalls hier oben auf der Suche nach dem Weg rumgekreuzt ist.
Irgendwann wird mir das Spielchen zu doof -- warum sollte ich hier oben am Hang querfeldein rumrutschen, wenn es unten im Talgrund wahrscheinlich viel einfacher geht? Hirn einschalten, Meister!
Und tatsächlich ist es unten neben dem Fluß viel leichter, voranzukommen. Naja, vielleicht ein bißchen matschiger, aber was soll's. Die Stiefel haben sowieso schon Matsch-Flecktarn. Der Weg nimmt abenteuerliche Kurven durch alte Bewässerungskanäle, turmhohe Meere aus Schilf und über improvisierte Betonbrücken. In einem Olivenhain steht unvermittelt eine Garnitur alter Küchenstühle herum, die auf die Ankunft der Wanderjury zu warten scheint, die hier ab 01.04. die Parade der sicherlich zahlreichen GR-7-Wanderer abnehmen wird. Oder vielleicht auch nicht.
Kurz vor Carchelejo (und damit meine ich "kurz", ich war schon bei den ersten Häusern...) erwischt mich ein Platzregen, den ich kurz, aber mißmutig, in einer offenen Garage abwarte. Als ob DAS jetzt noch nötig gewesen wäre.
Das Dorf versinkt im nachmittäglichen Siesta-Tiefschlaf, ich beziehe mein Zimmer in einem Gasthof am Hang oberhalb des Dorfes und gucke hinunter auf den Regen. Später wackele ich nochmal runter zum Supermarkt und versorge mich mit Kleinkram für die nächsten Tage. Nachdem es nicht mehr regnet, sind die Gassen plötzlich wieder voll mit Leben (meint: Dorfbewohnern). Offensichtlich stimmt die Theorie, die mein B&B-Vermieter aus Alcalá la Real geäußert hat: Bei Regen bleibt der Spanien eben grundsätzlich zuhause.
Auf dem Weg zum Abendessen wähle ich für zwei Stockwerke runter lieber den Aufzug, weil ich mich auf der Treppe wegen meiner wackeligen Knie wie ein alter Mann festhalten müsste. Gott sei Dank war das heute nur eine kleine Etappe...
Zur Belohnung ein gutes Tagesmenü plus diverse eiskalte Biere. 13 Euro. Und wie immer war die Vorspeise reichhaltiger und leckerer als das Hauptgericht. DIe nächste wieder einmal bestätigte Spanien-Theorie...
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