
4. Wandertag
Ubrique nach Villaluenga del Rosario
4,5h / 14km
650m hoch / 82m runter
Ich bin vollkommen erstaunt, wie viel mein alter klappriger Körper so über Nacht regenerieren kann. Denn am nächsten Morgen sind die meisten der Uh- und Aaaah-Stellen von gestern Abend wieder verschwunden. Draußen Sonnenschein. Auf dem Menü ein kleiner Spaziergang ins übernächste Dorf, quasi als Belohnung für die große Etappe gestern. Heute ist also ganz klar ein Motivations-Tag.
Auf der Postfiliale, die mir ihrer Marmoreinrichtung eher spätrömisches Flair versprüht, diskutiere ich mit der Dame hinter dem Tresen mein liebstes Thema: Internationales Paket, deutsche Absenderadresse. Ist mir egal, ist eigentlich nur ein Sport, aber wie auch schon die Poczta Polska bleiben auch die Correros knallhart. Kilian wohnt jetzt eben in der Avenida España in Ubrique. Immerhin gute 2,5kg werde ich los und nachdem ich gestern fast meine gesamten Vorräte verspeist habe, ist der Rucksack jetzt wieder leicht wie eine Feder... Pfffft. Vor allem Volumen habe ich eingespart, auch ein wichtiges Thema auf dieser Reise (siehe Bild oben).



Gestern am Sonntag war hier bestimmt überall die Hölle los, heute ist der Parkplatz der Picknick-Area gleich nebendran gähnend leer. Obwohl man unter Korkeichen sitzend die Aussicht genießen könnte.
Im nächsten Hochtal, das sich bis zu meinem heutigen Ziel (Villaluenga del Rosario) und weiter hinein in die Sierra de Grazalema hinzieht, sitzt eine halbe Stunde weiter sitzt ein Schafhirte an der Straße und langweilt sich offensichtlich, freut sich über die Abwechslung in Gestalt eines unförmigen Wanderers mit schlankem Rucksack (oder umgekehrt?) und grüßt freundlich. Seine Schafe sind ganz entspannt, obwohl über unseren Köpfen ungefähr 10 Geier kreisen. Ich ziehe glücklich durch das flache Tal, die Hände in den Hosentaschen, und genieße den Tag, die Sonne und die Landschaft.
Eine Stunde später treffe ich wieder auf die Straße und erschrecke einen Mountainbike-Fahrer, der gerade ein Foto von dem blühenden - äh, hier verließen mich meine Botanik-Kenntnisse - Mandelbaum? machen wollte, als ich ungefragt aus den Büschen im Hintergrund auftauchte.
Ein paar Ecken weiter liegt schon Villaluenga del Rosario, am Felsen klebend wie die meisten Dörfer hier in der Gegend (den Postkartenshot liefere ich morgen nach, wenn ich sowieso auf der anderen Talseite aufsteigen werde). Ich komme gerade noch rechtzeitig an, bevor eine halbe Stunde später der Regen einsetzt. Also so richtig Regen. So mit "aus dem Fenster gucken und froh sein, daß ich jetzt nicht da draußen sein muß". Was für eine schöne Vorbereitung auf die kommenden Tage...
Das Restaurant hat zu wegen Montag, weiter unten im Dorf gibt es aber das Meson Los Caños, das versucht, den überschaubaren Durchgangsverkehr abzuschöpfen. Und es hat am Nachmittag sogar geöffnet. Also diskutieren der Wirt und ich auf Spanisch (er) und mit Händen (ich) mein Menü: Eine Pilz-/Ei-/Fleisch-Suppe, Lammrippchen mit Artischocken und Patatas Bravas. Dazu Bier für den Wanderer. Ich bin glücklich. Auf dem Weg zurück zu meinem Zimmer regnet es weiter, ich entdecke noch eine kleine Panaderia, die ich mir für morgen zu merken versuche. Später noch auf ein/zwei Getränke in die Bar, die schön warm und gut vernetzt ist, dann ab in die Heia. Zum ersten Mal ziehe ich den mitgebrachten Schlafsack aus dem Rucksack, weil's einfach wärmer und kuscheliger ist.
Draußen regnet's Katzen und Hunde.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen