20. Wandertag
Jódar nach Quesada
5h gebummelt / 20km
5h gebummelt / 20km
495m hoch / 214m runter
Pünktlich zu Sonnenaufgang wache ich auf, weil mir die gelbe Sau im unwahrscheinlichsten aller Winkel über den Balkon durch die schmale Ritze in den Vorhängen ins Gesicht scheint. Aber ich nehme ihr das nicht übel, sondern freue mich statt dessen auf einen schönen Tag.
Mit einem Hochgefühl springe ich
runter zum Frühstück, zwei Treppen auf einmal nehmend. Fix ein
Tostada con tomate, dann raus zu DIA, die Proviant-Essentials für die nächsten Tage einkaufen. Die paar hundert Meter zum Supermarkt sind heute
ein kleiner Spaziergang. Vor vier Wochen zog sich jeder Meter
dank der kaputten Knie schmerzhaft und endlos hin, zumal im strömenden Regen, heute geht alles ganz fein und leicht.
Überhaupt scheint sich alles um 180° gedreht zu haben, seit ich
hier war: Das Wetter: 20 Grad und Sonne statt 8 Grad und Dauerregen.
In den Bergen am Horizont sehe ich nur noch auf den höchsten Gipfeln
einzelne Schneereste. Andalusien hat in den letzten vier Wochen mit
brachialer Kraft seine Farbe gewechselt, das spätwinterliche Silbergrau ist einem saftigen Mix aus viel Grün und ein bißchen Gelb
gewichen. Wie um mir zu beweisen, daß auch meine Knie um 180°
besser geworden sind, sprinte ich wieder hoch in mein Zimmer, packe
meinen Rucksack für die erste Tour (naja, etwas leichter als vorher – aber nicht
so leicht, wie ich es mir vorgenommen hatte), bezahle mein Zimmer und
setze mich raus in die Sonne. Es windet und stürmt ein bißchen, aber so
mag ich's ja eigentlich. Sonnig, nicht zu warm, windig.
Die ersten Meter... |
Also gondele ich mit Antonio im Taxi
entspannt in Richtung Quesada, er ahnt schon so einigermaßen, wo ich
aussteigen will: An der Puente de las Cabras. Er erinnert sich lebhaft daran, daß vor einigen Wochen schon ein anderer Wanderer in diese Richtung wollte und dann plötzlich irgendwo im Nichts ausstieg. Ich weiß genau, von wem er spricht...
Hinter der Brücke zweigt endlich der Weg von der endlosen Straße ab und führt durch die Olivenhügel erstmal nach Norden und dann nach Quesada. Ich schultere meinen Rucksack, zeige Antonio zum besseren Verständnis den Wegweiser des GR-7, der hier an der Straße steht, damit er sich keine Sorgen um die ganzen seltsamen Deutschen machen muß, die er ständig im Niemandsland zwischen Jódar und Quesada an irgendwelchen Feldwegen rausläßt.
Hinter der Brücke zweigt endlich der Weg von der endlosen Straße ab und führt durch die Olivenhügel erstmal nach Norden und dann nach Quesada. Ich schultere meinen Rucksack, zeige Antonio zum besseren Verständnis den Wegweiser des GR-7, der hier an der Straße steht, damit er sich keine Sorgen um die ganzen seltsamen Deutschen machen muß, die er ständig im Niemandsland zwischen Jódar und Quesada an irgendwelchen Feldwegen rausläßt.
Die Feldwege sind steinhart
ausgetrocknet, als wären Matsch und Schlamm des Winters zu
knochenhartem Beton umgewandelt worden. Die oberste Schicht Erde ist
zwischen den Traktorenreifen und dem harten Untergrund zu Staub
zerrieben worden, der mir mit den Windböen bei jeder Gelegenheit um
die Ohren fliegt.
Aber ich bin glücklich. Ich steige beflügelt die
ersten Hügel hinauf, spüre die aufsteigende Wärme des Tages und
die brennende Sonne im Nacken und kann immer noch nicht fassen, daß der
Winter endlich vorbei ist. Ich bin in ein vollkommen anderes Land zurückgekommen.
Nur anhand einiger weniger Pfützen kann man noch erkennen, was für eine Schlammschlacht dieser Weg noch vor einigen Wochen gewesen sein muß. In der senfgelben Brühe tummeln sich träge irgendwelche dicken Larven, dazu irgendwelche Flugviecher, die ich erst zu unrecht für Mücken halte.
Die Olivenhaine brutzeln in der prallen Sonne, nur in den wenigen schattigen Ecken oder feuchten Stellen am Fuße der Hügel entkomme ich für einen Moment der sengenden Sonne. Der staubige Weg und die von Hügel zu Hügel wechselnde Farbe des Lehmbodens wirken karg und manchmal fast wüstenhaft.
Aber das ändert sich schlagartig, als ich nach dem nächsten Dorf in das kleine Tal des Rio Toya einbiege. Der Weg schlängelt sich unterhalb der Ruine des Castillo de Toya entlang, manchmal wirken die leeren Fensterbögen so, als würden mich zwei Augen vom Berg herab anschauen. Hinter einer Biegung gibt es den perfekten Platz für eine Mittagsrast: drei große flache Steine im Schatten. Ich breite all meine Lebensmittel aus, ignoriere die Mücken um mich herum und verbringe mindestens eine Stunde mit Picknicken, Lesen, vorbeifahrende Traktoren grüßen und ähnlich wichtigen Dingen. Inzwischen ist es über Mittag richtig warm geworden, in der Sonne schon fast heiß.
Das nächste Dorf Toya liegt dann auch wie ausgestorben in der frühen Nachmittagssonne. Keine Menschenseele zu sehen, also weiter durch die staubigen Olivenhaine. Die nächsten zwei Stunden laufe ich mehr oder weniger in der prallen Sonne, beobachte ein paar Schildkröten, die sich im Wasserreservoir häuslich eingerichtet haben, finde einen halbverwesten Fuchs (oder einen kleinen Hund, wer weiß das schon so genau), der in einem Graben vor sich hinmüffelt, schätze eine matschige Stelle mitten auf dem Weg vollkommen falsch ein und hänge plötzlich bis zum Schienbein im Matsch fest, wische mir gefühlt 3,5l Schweiß von der Stirn und freue mich über den entspannten flachen Weg, fernab irgendwelcher Straßen. Das Grün der Wiesen auf den Hängen wird von gelbem Raps, Kamille und anderem Kraut aufgelockert und in der Sonne leuchtet das alles so dermaßen, daß es eine Freude ist.
Quesada liegt - natürlich - auf einem Hügel, unter einem Hügel und neben einem Hügel. Vor dem letzten Anstieg mache ich noch eine kleine Pause im winzigen Schattenbereich eines Olivenbaums, inzwischen ist mir eher zu warm, ich habe etwas zuviel Sonne abbekommen und überhaupt: Hui! So richtig im Sommer möchte ich hier wohl eher nicht unterwegs sein...
Mein Hotel empfängt mich mit kalten Getränken und einem verdunkelten Zimmer, was ich erstmal zu einem ausgiebigen Nickerchen in der Kühle des Hauses nutze. Am Abend werfe ich mich in die Bar und trinke ein paar Bier, nasche an diversen Tapas und werde dann kurz nach 21:00 innerlich doch leicht quengelig, ob es endlich was zu Essen gibt. Die Tatsache, daß ich ungeduldig als Erster den noch dunklen Speisesaal entere, finde ich zwar zunächst eher peinlich, aber nach mir strömt sofort die halbe Bevölkerung der Bar hinterher ins Restaurant -- offensichtlich war ich nicht der Einzige, der hier dringend auf Abendessen gewartet hat.
Wäre ich klüger, wüsste ich vielleicht, was das für Larven sind. |
Die Olivenhaine brutzeln in der prallen Sonne, nur in den wenigen schattigen Ecken oder feuchten Stellen am Fuße der Hügel entkomme ich für einen Moment der sengenden Sonne. Der staubige Weg und die von Hügel zu Hügel wechselnde Farbe des Lehmbodens wirken karg und manchmal fast wüstenhaft.
Aber das ändert sich schlagartig, als ich nach dem nächsten Dorf in das kleine Tal des Rio Toya einbiege. Der Weg schlängelt sich unterhalb der Ruine des Castillo de Toya entlang, manchmal wirken die leeren Fensterbögen so, als würden mich zwei Augen vom Berg herab anschauen. Hinter einer Biegung gibt es den perfekten Platz für eine Mittagsrast: drei große flache Steine im Schatten. Ich breite all meine Lebensmittel aus, ignoriere die Mücken um mich herum und verbringe mindestens eine Stunde mit Picknicken, Lesen, vorbeifahrende Traktoren grüßen und ähnlich wichtigen Dingen. Inzwischen ist es über Mittag richtig warm geworden, in der Sonne schon fast heiß.
Das nächste Dorf Toya liegt dann auch wie ausgestorben in der frühen Nachmittagssonne. Keine Menschenseele zu sehen, also weiter durch die staubigen Olivenhaine. Die nächsten zwei Stunden laufe ich mehr oder weniger in der prallen Sonne, beobachte ein paar Schildkröten, die sich im Wasserreservoir häuslich eingerichtet haben, finde einen halbverwesten Fuchs (oder einen kleinen Hund, wer weiß das schon so genau), der in einem Graben vor sich hinmüffelt, schätze eine matschige Stelle mitten auf dem Weg vollkommen falsch ein und hänge plötzlich bis zum Schienbein im Matsch fest, wische mir gefühlt 3,5l Schweiß von der Stirn und freue mich über den entspannten flachen Weg, fernab irgendwelcher Straßen. Das Grün der Wiesen auf den Hängen wird von gelbem Raps, Kamille und anderem Kraut aufgelockert und in der Sonne leuchtet das alles so dermaßen, daß es eine Freude ist.
Die Berge hinten gehören zur Sierra de Cazorla, offensichtlich das totale Wanderparadies hier in der Gegend... |
Quesada liegt - natürlich - auf einem Hügel, unter einem Hügel und neben einem Hügel. Vor dem letzten Anstieg mache ich noch eine kleine Pause im winzigen Schattenbereich eines Olivenbaums, inzwischen ist mir eher zu warm, ich habe etwas zuviel Sonne abbekommen und überhaupt: Hui! So richtig im Sommer möchte ich hier wohl eher nicht unterwegs sein...
Mein Hotel empfängt mich mit kalten Getränken und einem verdunkelten Zimmer, was ich erstmal zu einem ausgiebigen Nickerchen in der Kühle des Hauses nutze. Am Abend werfe ich mich in die Bar und trinke ein paar Bier, nasche an diversen Tapas und werde dann kurz nach 21:00 innerlich doch leicht quengelig, ob es endlich was zu Essen gibt. Die Tatsache, daß ich ungeduldig als Erster den noch dunklen Speisesaal entere, finde ich zwar zunächst eher peinlich, aber nach mir strömt sofort die halbe Bevölkerung der Bar hinterher ins Restaurant -- offensichtlich war ich nicht der Einzige, der hier dringend auf Abendessen gewartet hat.
Hallo Kilian,
AntwortenLöschenals der andere taxifahrende Deutsche irgendwo im nirgendwo kann ich nur zu gut deine Eindrücke nachvollziehen. Im März war genau dieser Abschnitt die komplette Schlammschlacht, zentimeterdick klebte der Lehm an den Sohlen. Alternativ sah ich die total verschneite Sierra Carola voraus, wenig motivierend. Ich beglückwünsche dich und drücke dir fest die Daumen.
Viele Grüße
Deine Fußspur one step ahead