Blick zurück auf Moratalla. |
Mittwoch, 02.05.2018
29. Wandertag
Moratalla nach Calasparra
5h / 22km
5h / 22km
276m hoch / 519m runter
Heute ohne Frühstück raus auf die Straße. Und weil ich direkt gegenüber von meiner Pension ein kleiner Feldweg beginnt, der raus aus dem Ort und in die richtige Richtung durchs Gartenland führt, verzichte ich auch darauf, noch einen Schlenker durch den nächsten Supermarkt zu machen. Haustür hinter mir zuziehen, Straße überqueren und im Grünen sein. Perfekt. Sowas kann ich nicht einfach dadurch kaputtmachen, daß ich nochmal einen Umweg in den Ort mache.
Oberhalb des Weges, hinter dem kleineren dreigezackten Berg, verbirgt sich Calasparra. |
Der Himmel ist wolkenlos, das Wetter warm, am Horizont kann ich schon mein heutiges Etappenziel erahnen. Ich weiß, das Calasparra dort hinter diesem Berg versteckt liegt. Sieht gar nicht so weit aus, zumindest hätte ich die Entfernung vom Anblick her niemals auf 20km geschätzt. Die erste Stunde durch Gärten und Obstplantagen, immer auf die Sonne zu. Es geht ein angenehmer Wind, der das deutliche Sonnenbrandrisiko gekonnt verschleiert und das ist auch schon das größte aller Probleme an diesem Vormittag. Ich gönne mir eine kleine Sitz- und Guckpause auf einem großen Stein, im Schatten neben dem Weg und suche nach Wolken am Himmel. Finde aber keine.
Inzwischen wird es so um die 22 Grad warm sein, obwohl es sich durch die Sonne nach deutlich mehr anfühlt. Kurz hintereinander hake die beiden Tiefpunkte des Tages ab. 1.: Ich durchquere angeekelt eine kleine Furt zwischen den Feldern und bin froh, daß ich auf Steinen drüberbalancieren kann. Das Wasser ist schlammig/modrig, voller Algen und riecht nach Fuß. Kein Bach also, den man freiwillig barfuß durchqueren möchte... 2.: Zwei streunende Kläffer werden auf mich aufmerksam, unterbrechen ihren Besuch beim nahegelegenen Bauernhof (bzw. bei dessen Hund) und kommen quer übers Feld auf mich zugewetzt. Der Kleinere von beiden will mir an die Füße und ist erst durch einige angedeutete Tritte davon zu überzeugen, daß ich da nicht mitmachen werde. Der große Bauernhof-Hund ist offensichtlich aus Neugierde mitgekommen, guckt sich das Schauspiel aber entspannt aus sicherer Entfernung an und verzieht sich am Ende wieder nach Hause, während die beiden Streuner irgendwo um die Ecke zwischen den Mandelplantagen verschwinden. Es sind echt immer die Fußhupen, die Streß machen. Und dabei wohnen die offensichtlich noch nichtmal hier!
Der Weg verschlängelt sich irgendwann zwischen den Felder, kriecht unter Bäumen hindurch und mogelt sich auf einen kleinen Höhenzug hinauf, von wo aus ich links ins Tal des Rio Moratalla (derselbe Fluß, der gestern noch Rio Alhárabe hieß) hinuntergucken kann, auf die weiten Mandel- und Obstplantagen, die gerade fleißig die Bauern mit ihren dröhnenden Propellerdingsmaschinen die Bäume gegen Schädlinge spritzen. Aus der Entfernung hört es sich - auch der Lautstärke wegen - ein bißchen danach an, als wären diese Maschinen mit ausgedienten MIG-Triebwerken ausgestattet. Der Rio Moratalla ist in dieser Ecke der Landschaft eher Mittel zum Zweck, also zum Bewässern der Felder da, ansonsten wird jeder Meter Boden geflissentlich in staubtrockenes Acker- und Plantagenland umgewandelt.
Der Weg kippt in ein kleines Tal und verliert sich zwischen zwei Bächen, meterhohen Schilfwäldern und der ungewohnten Frage, wo es jetzt hier eigentlich weitergeht. Ich schlage mich durch über ein paar morastige Wiesen, durch den Abladeplatz für alles nicht mehr Benötigte aus den umliegenden Gärten, über einen Zaun und stehe am Ende - vollkommen fertig von nur 300 Metern - endlich wieder auf dem nächsten festen Weg.
Also mache ich folgerichtig erstmal wieder Pause, im Schatten einer kleinen Kiefer neben dem Weg. Die Umgebung ist inzwischen deutlich weniger großflächig-feldig, sondern eher viele-Täler-und-Hügel-kleinteilig. Der mehr als willkommene Wind kühlt mich in der Mittagshitze schnell wieder runter, und obwohl mir vor ein paar Minuten noch zum Schmelzen heiß war, ziehe ich bald darauf meine Jacke an, während ich im Schatten sitze und lese.
Die Landschaft um mich herum wird jetzt sandig und knochentrocken. Man sieht den Mandelplantagen an, daß alle paar Jahre hier mal ein schnelles Feuer ausbricht - fast alle Stämme sind verkohlt und schwarz, aber alle tragen zuverlässig das grelle Grün der neuen Triebe und Früchte.
Ich stoße auf alte Brunnenhäuschen oder Pumpstationen, die sich allesamt als ausgetrocknet erweisen. Was würde ich jetzt für einen der zahlreichen Brunnen geben, an denen ich in den letzten Wochen vorbeigekommen bin, um einfach nur mal meinen Kopf ins kalte Wasser zu stecken...
Auf dem nächsten Höhenzug braten die Reste eines früheren Bauernhofs in der Sonne, die Gebäude scheinen erst vor kurzer Zeit aufgegeben worden zu sein. Manche Eingänge wurden noch mühevoll mit neuen Metalltüren gesichert, so wie man sie aus dem Heizungskeller kennt, aber auf halbem Wege wurde die Aufgabe wohl fallengelassen. Unter den Bäumen steht einer der typischen hemdsärmeligen Nissan Patrol-Jeeps aus den frühen 90er Jahren herum, die sonst hier über die Feldwege rumpeln und wartet darauf, von Sonne, Wind und Vegetation zermahlen zu werden.
Nach einer halben Stunde mit noch mehr Sand, Staub, Sonne und Wind wird die Aussicht wieder etwas grüner. Ich laufe jetzt auf den charakteristischen Berg zu, den ich heute früh schon aus der Ferne gesehen habe und obwohl der heutige Tag bisher recht entspannt war, freue ich mich darauf endlich aus der Sonne rauszukommen. Vorher navigiere ich noch um einen Steinbruch herum, fädele mich unter und zwischen der Schnellstraße hindurch -- Transitgelände. Da mußte halt noch irgendwie durch, um da hinzukommen, wo du hinmöchtest.
Vom Blick auf die Karte her hatte ich ein wenig die Erwartungshaltung, daß ich den ersten Blick auf Calasparra quasi mit erhabener Aussicht auf den Ort genießen kann, aber ich habe mich bitter getäuscht. Eine Autowerkstatt, ein paar zerfledderte Reklametafeln und die Öde einer spanischen Kleinstadt am Nachmittag erwarten mich. Aussicht Fehlanzeige, da hab ich mich auf der Karte wohl leicht verguckt. Das Bild wird etwas tröstlicher, als ich durch die Gassen von Calasparra streife, nach den Dörfern der letzten Tage fühlt es sich hier fast urban und großzügig an, richtige Geschäfte, Bars und Restaurants, ein schöner Marktplatz mit einem Sonnensegel darüber, geschmückte Gassen und - fast ganz am Ende des Ortes - mein schickes Hotel an einem kleinen Platz, mit einem großen kühlen Zimmer. Ich bin natürlich ausgerechnet rechtzeitig mitten in der Siesta in Calasparra angekommen, so daß kein Laden offen war, der mir noch erfrischende Ankunfts-Belohungsgetränke verkaufen wollte, also hänge ich mich im Badezimmer unter den Wasserhahn und trinke für den akuten Durst erstmal ca. 2 Liter Leitungswasser weg.
Erst am frühen Abend habe ich Lust, mein Nachmittagsschläfchen und das Dunkel der zugezogenen Vorhänge wieder gegen etwas Anderes einzutauschen, mache eine kleine Einkaufstour zum nächsten Supermarkt und bummele dabei durch einen warmen Sommerabend in einer entspannten kleinen Stadt. Eigentlich war schon seit Tagen mal wieder ein Tag Pause fällig, aber ich habe damit extra bis Calasparra gewartet, weil ich's dabei auch ein bißchen schön haben wollte, statt in so trostlosen Käffern wie El Sabinar abzuhängen. Beim Gang durch die abendlichen Straßen habe ich das Gefühl, daß das die richtige Entscheidung war. Morgen also entspanntes Abhängen auf dem Sofa in Calasparra, dann weiter Richtung Osten. Und Norden. Und überhaupt.
Inzwischen wird es so um die 22 Grad warm sein, obwohl es sich durch die Sonne nach deutlich mehr anfühlt. Kurz hintereinander hake die beiden Tiefpunkte des Tages ab. 1.: Ich durchquere angeekelt eine kleine Furt zwischen den Feldern und bin froh, daß ich auf Steinen drüberbalancieren kann. Das Wasser ist schlammig/modrig, voller Algen und riecht nach Fuß. Kein Bach also, den man freiwillig barfuß durchqueren möchte... 2.: Zwei streunende Kläffer werden auf mich aufmerksam, unterbrechen ihren Besuch beim nahegelegenen Bauernhof (bzw. bei dessen Hund) und kommen quer übers Feld auf mich zugewetzt. Der Kleinere von beiden will mir an die Füße und ist erst durch einige angedeutete Tritte davon zu überzeugen, daß ich da nicht mitmachen werde. Der große Bauernhof-Hund ist offensichtlich aus Neugierde mitgekommen, guckt sich das Schauspiel aber entspannt aus sicherer Entfernung an und verzieht sich am Ende wieder nach Hause, während die beiden Streuner irgendwo um die Ecke zwischen den Mandelplantagen verschwinden. Es sind echt immer die Fußhupen, die Streß machen. Und dabei wohnen die offensichtlich noch nichtmal hier!
Ui! Die erste Wolke! |
Trügerisches Stück Wildnis zwischen meilenweiten Plantagen. |
Der Weg kippt in ein kleines Tal und verliert sich zwischen zwei Bächen, meterhohen Schilfwäldern und der ungewohnten Frage, wo es jetzt hier eigentlich weitergeht. Ich schlage mich durch über ein paar morastige Wiesen, durch den Abladeplatz für alles nicht mehr Benötigte aus den umliegenden Gärten, über einen Zaun und stehe am Ende - vollkommen fertig von nur 300 Metern - endlich wieder auf dem nächsten festen Weg.
Also mache ich folgerichtig erstmal wieder Pause, im Schatten einer kleinen Kiefer neben dem Weg. Die Umgebung ist inzwischen deutlich weniger großflächig-feldig, sondern eher viele-Täler-und-Hügel-kleinteilig. Der mehr als willkommene Wind kühlt mich in der Mittagshitze schnell wieder runter, und obwohl mir vor ein paar Minuten noch zum Schmelzen heiß war, ziehe ich bald darauf meine Jacke an, während ich im Schatten sitze und lese.
Die Landschaft um mich herum wird jetzt sandig und knochentrocken. Man sieht den Mandelplantagen an, daß alle paar Jahre hier mal ein schnelles Feuer ausbricht - fast alle Stämme sind verkohlt und schwarz, aber alle tragen zuverlässig das grelle Grün der neuen Triebe und Früchte.
Ich stoße auf alte Brunnenhäuschen oder Pumpstationen, die sich allesamt als ausgetrocknet erweisen. Was würde ich jetzt für einen der zahlreichen Brunnen geben, an denen ich in den letzten Wochen vorbeigekommen bin, um einfach nur mal meinen Kopf ins kalte Wasser zu stecken...
Auf dem nächsten Höhenzug braten die Reste eines früheren Bauernhofs in der Sonne, die Gebäude scheinen erst vor kurzer Zeit aufgegeben worden zu sein. Manche Eingänge wurden noch mühevoll mit neuen Metalltüren gesichert, so wie man sie aus dem Heizungskeller kennt, aber auf halbem Wege wurde die Aufgabe wohl fallengelassen. Unter den Bäumen steht einer der typischen hemdsärmeligen Nissan Patrol-Jeeps aus den frühen 90er Jahren herum, die sonst hier über die Feldwege rumpeln und wartet darauf, von Sonne, Wind und Vegetation zermahlen zu werden.
Hinter dem linken Berg wartet ein Hotelzimmer, Schatten und eine Dusche auf mich. |
Nach einer halben Stunde mit noch mehr Sand, Staub, Sonne und Wind wird die Aussicht wieder etwas grüner. Ich laufe jetzt auf den charakteristischen Berg zu, den ich heute früh schon aus der Ferne gesehen habe und obwohl der heutige Tag bisher recht entspannt war, freue ich mich darauf endlich aus der Sonne rauszukommen. Vorher navigiere ich noch um einen Steinbruch herum, fädele mich unter und zwischen der Schnellstraße hindurch -- Transitgelände. Da mußte halt noch irgendwie durch, um da hinzukommen, wo du hinmöchtest.
Vom Blick auf die Karte her hatte ich ein wenig die Erwartungshaltung, daß ich den ersten Blick auf Calasparra quasi mit erhabener Aussicht auf den Ort genießen kann, aber ich habe mich bitter getäuscht. Eine Autowerkstatt, ein paar zerfledderte Reklametafeln und die Öde einer spanischen Kleinstadt am Nachmittag erwarten mich. Aussicht Fehlanzeige, da hab ich mich auf der Karte wohl leicht verguckt. Das Bild wird etwas tröstlicher, als ich durch die Gassen von Calasparra streife, nach den Dörfern der letzten Tage fühlt es sich hier fast urban und großzügig an, richtige Geschäfte, Bars und Restaurants, ein schöner Marktplatz mit einem Sonnensegel darüber, geschmückte Gassen und - fast ganz am Ende des Ortes - mein schickes Hotel an einem kleinen Platz, mit einem großen kühlen Zimmer. Ich bin natürlich ausgerechnet rechtzeitig mitten in der Siesta in Calasparra angekommen, so daß kein Laden offen war, der mir noch erfrischende Ankunfts-Belohungsgetränke verkaufen wollte, also hänge ich mich im Badezimmer unter den Wasserhahn und trinke für den akuten Durst erstmal ca. 2 Liter Leitungswasser weg.
Erst am frühen Abend habe ich Lust, mein Nachmittagsschläfchen und das Dunkel der zugezogenen Vorhänge wieder gegen etwas Anderes einzutauschen, mache eine kleine Einkaufstour zum nächsten Supermarkt und bummele dabei durch einen warmen Sommerabend in einer entspannten kleinen Stadt. Eigentlich war schon seit Tagen mal wieder ein Tag Pause fällig, aber ich habe damit extra bis Calasparra gewartet, weil ich's dabei auch ein bißchen schön haben wollte, statt in so trostlosen Käffern wie El Sabinar abzuhängen. Beim Gang durch die abendlichen Straßen habe ich das Gefühl, daß das die richtige Entscheidung war. Morgen also entspanntes Abhängen auf dem Sofa in Calasparra, dann weiter Richtung Osten. Und Norden. Und überhaupt.
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